Borderline-Störung
 

Selbstschädigendes Verhalten - Selbstverletzendes Verhalten

Das Hauptmerkmal der Borderliner nach außen ist meist das selbstschädigende oder selbstverletzende Verhalten. Dieses Verhalten beschreibt das gegen sich selbst gerichtete Zufügen von Verletzungen und Beschädigungen des Körpers.

Dabei gibt es verschiedene Varianten, die besonders häufig vorkommen:

  • Typisch sind Schnitte durch Messer, Scherben, Rasierklingen oder andere scharfe Gegenstände. Dabei reicht die Tiefe der Wunden von "nur" oberflächlich bis zu wirklich tief.
  • Zufügen von Wunden durch Kratzen bzw. das immer wieder von neuem Aufkratzen alter Wunden
  • Fingernägel abreißen oder abbeißen bis zum Nagelbett
  • Das Ausreißen der Haare am Körper
  • Das Schlagen mit dem Kopf an Wände oder auf Tische
  • Das Schlucken von Medikamenten oder auch Chemikalien, wie z.B. Spülmittel
  • Auspowern des Körpers durch Sport bis zur totalen Kraftlosigkeit
  • Hungern bis zum Zusammenbruch
  • Sich selbst schlagen
Es werden also dem Körper absichtlich Wunden oder andere Schädigungen zugefügt.


Riskantes Verhalten

Es gibt jedoch auch ein indirektes Verhalten, das in das selbstschädigende Verhalten mit einspielt. Hierzu gehören Aktionen wie: Schnelles Autofahren, Klettern ohne Seil, Balancieren über große Höhen, riskanter Sex, Kleptomanie usw.. Es wird also in Kauf genommen, durch Unfälle Verletzungen zu erleiden, die bis in den Tod führen können bzw. durch auffälliges Verhalten, die soziale Situation zu schädigen.

 

Sucht als selbstschädigendes Verhalten

Zum selbstschädigenden Verhalten zählt zudem die große Gruppe der Süchte, die ebenfalls zum selbstschädigenden Verhalten gehören können.
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Essstörungen

Besonders bei Frauen ist zu beobachten, daß zu einer Borderline-Störung oftmals auch eine Essstörung hinzukommt. Meist ist dies eine Esssucht oder eine Ess-Brech-Sucht. Beides ist eine typische Folge von inpulsivem Verhalten, das nicht kontrolliert werden kann.
Seltener ist auch eine Magersucht eine Begleiterkrankung des Borderline-Syndroms.
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Wo liegen die Ursachen für dieses selbstschädigende Verhalten?

Auch wenn man unter selbstschädigendem Verhalten meist versteht, daß es krankhaft ist, gibt es ein solches Verhalten in allen Kulturen als gesellschaftlich anerkanntes Phänomen. Wer denkt an selbstschädigendes Verhalten, wenn eine Zunge oder Brustwarze gepierct wird (von den Genitalien ganz zu schweigen...), wer denkt an selbstschädigendes Verhalten beim Alkoholtrinken oder Rauchen, wer denkt an selbstschädigendes Verhalten beim Tätowieren?

Es gibt also auch ein gesellschaftlich akzeptiertes selbstschädigendes Verhalten, welches nichts mit Borderline zu tun hat.

Wann ist aber die Grenze zur Krankheit überschritten?
Dies hängt zum Teil von der Definition ab, die von der Gesellschaft geschaffen wird. In Afrika zum Beispiel ist es durchaus üblich, sich die Haut am Bauch, den Armen oder im Gesicht einzuschneiden, so daß typische Narben entstehen.
Bei uns würde das als "krank" bezeichnet werden.

Aber natürlich ist ein solches Verhalten dann wirklich krankhaft, wenn es aus einem inneren Zwang entsteht. Einem Zwang, sich zu schädigen, um dadurch bestimmte Gefühle oder Reaktionen zu erreichen.

Die Ursache für solche Zwänge ist natürlich die psychische Erkrankung.
Im Hintergrund davon steht aber meist, daß die Betroffenen in der Vergangenheit einen körperlichen oder auch seelischen Mißbrauch erleiden mußten, daß sie vernachlässigt wurden und daß sie nie erlernt haben, ihre Gefühle zu beherrschen.

Einflüsse von außen und auch Gefühle in sich selbst lösen bei einem Borderliner ab einer gewissen Reizschwelle den Drang aus, sich selbst zu verletzen.

Auch wenn es für Außenstehende meist nicht so erscheinen mag, Borderliner wollen sich damit nicht selbst töten. Meist wird das selbstschädigende Verhalten dazu "verwendet", inneren Druck abzulassen, manchmal stellt es auch einen Hilferuf dar oder eine Art der Selbstbestrafung. Selbstbestrafung deswegen, weil man das Gefühl hat, wieder einmal versagt zu haben oder wie immer etwas falsch gemacht zu haben. Oder weil man eben von Grund auf böse ist oder schlecht, und weil man sich nicht geändert hat.

Die Betroffenen berichteten oft nach einer selbstschädigenden Handlung von einer Art Anfall, der außer den Wunden Erschöpfung, Kraftlosigkeit und vor allem ein schlechtes Gewissen hinterläßt.

Übrigens ist das selbstverletzende Verhalten nicht das typische Anzeichen für ein Borderline-Syndrom.
Ein typisches Anzeichen für Borderline ist die Impulsivität dabei. Impulsiv, also durch plötzliche Impulse, wird der Körper selbst beschädigt.

Eine Selbstschädigung bedeutet also nicht unbedingt Borderline, besonders weil auch bei anderen psychischen Erkrankungen solche impulsiven Handlungen auftreten, zum Beispiel der manischen Depression.

Außerdem muß noch gesagt werden, daß nicht jeder Borderliner sich nach außen hin selbst schädigt.

 

Selbstschädigung als Appell - Hilferuf
Eine Selbstschädigung hat manchmal auch den Hintergrund eines Appels oder Hilferufes an andere. Sie wird sozusagen als Sprache verwendet, um sich an andere zu wenden. Die Betroffenen wollen also der Umwelt etwas mitteilen, worüber sie noch nicht in der Lage sind zu sprechen. Oder weil das Geschehene einfach nicht in Worte gefaßt werden kann, zum Beispiel bei Vergewaltigung oder Krieg.

 

Selbstschädigung zur Manipulation Anderer
Durch das Selbstverletzen bemerken Borderliner die Reaktionen ihrer Umwelt, die meist ängstlich sind, Entsetzen auslösen oder eine Hilfsbereitschaft herbeirufen. Natürlich bemerken sie diese Reaktionen und setzen sie teilweise für ihre Zwecke ein.

"Wenn es mir besonders schlecht geht, ritze ich mich, dann kümmern sich alle um mich."

So wird Aufmerksamkeit auf sich erzeugt, die sonst nicht gespürt wird.

 

Totale Selbstschädigung - Suizid
Die größtmögliche Selbstschädigung ist natürlich das Herbeiführen des Todes. Und tatsächlich versuchen bis zu 10% der Borderliner einen Suizid. Besonders Angehörige sollten dies immer im Hinterkopf behalten. Von einem Selbstmord reden allerdings alle an einem Borderline-Syndrom Erkrankten, auch wenn sie es nicht tatsächlich durchführen würden.
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Depressionen und Borderline

Viele Borderliner klagen über zeitweilige depressive Phasen. Und gerade diese sind besonders gefährlich, wenn es um Selbstmord geht.
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Wollen Sie mehr über Depressionen erfahren, dann lesen Sie weiter auf unserer Seite "Depressionen".

 

Was kann ich tun, wenn mir ein solches selbstschädigendes Verhalten nicht fremd ist?
Also zuerst natürlich: Zum Arzt! Der kann entscheiden, ob, und wenn ja, welche Therapie angebracht ist.

Eine solche Therapie kann helfen zu lernen, woher dieses Verhalten kommt, was es auslöst, und mit Gefühlen wie Wut und Hass oder auch andere Gefühle umzugehen, so daß der Druck in sich nicht zu groß wird und das selbstverletzende Verhalten nicht ausgelöst wird.

Möglich ist auch das Erlernen von Entspannungstechniken und auch anderen Techniken, die es erleichtern, dem Druck standzuhalten bzw. gar nicht erst zu groß werden zu lassen.
Genannt sei hier die Progressive Entspannungstechnik nach Jakobson, autogenes Training, manchmal reicht aber auch ein schönes warmes Wohlfühlbad oder gar ein Spaziergang. In manchen Fällen reicht es auch, sich einfach abzulenken durch Telefonieren, Hausarbeit oder sonstwas.

Wenn es dann doch kritisch wird, gibt es die Möglichkeit, einen Krisendienst oder Seelsorger anzurufen.

Und zu guter letzt sei noch erwähnt, daß es inzwischen viele Selbsthilfegruppen von Borderlinern gibt, in denen man sich mit ebenfalls an Borderline-Syndrom Erkrankten austauschen kann. Oftmals hilft das Gefühl, verstanden zu werden und über sich selbst reden zu können, wirklich weiter.

Also nur Mut, den Kopf nicht hängen lassen, es gibt viele Möglichkeiten der Hilfe!


 

 

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